Mittwoch, 21. November 2018

Sunderlands Gedankenwelt: Die Balance auf der Sprachbarriere

Inzwischen habe ich immer wieder Ansätze und Gedanken, die ich in feste Themen einteilen möchte. Also wird Sunderlands Gedankenwelt wohl doch ein Ding werden...

Ich habe wirklich viele Bücher. Natürlich ist viel immer ein relativer Aspekt, denn was für eine unbelesene Person viel erscheint, kann für einen Bibliothekar zu einem herzhaften Lachkrampf führen. Wie auch immer, ich sammle gerne Bücher - vor allem, wenn ich sie noch lesen möchte. Inzwischen habe ich sogar mehrere Exemplare auf Englisch in meinem Besitz. Damit komme ich zum Knackpunkt des Artikels: Das Lesen in einer anderen Sprache.

Das ich ab und zu auf englisch lese, wissen viele - Kollegen, (inzwischen ehemalige) Mitschüler, meine Familie und natürlich auch die Leser meines Blogs. Manchmal wurde die Frage an mich herangetragen, warum ich das tue/ es nicht auf deutsch lese? Zum Anfang sei erwähnt: nach deutsch und englisch ist mein Schatz an Sprachen deutlich erschöpft. Zwar finde ich gewisse Sprachen sehr interessant und auch wohlklingend, allerdings fehlt mir die Zeit und die Konzentration diese wirklich zu verinnerlichen. Und das ganze auf halbherziger Basis zu machen, wäre Schwachsinn.

Grund Nr. 1 - deutsche Autoren gefallen mir oft nicht. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wie Karen Sander zum Beispiel. Aber ich empfinde Bücher von deutschen Autoren irgendwie nicht ansprechend. Das kann an deren Sprachstil liegen oder einfach daran, das sie bestimmte Themen, die sie in ihren Büchern behandeln, nicht gut ausstaffieren. Die meisten Autoren in meinem Regal sind Amerikaner oder Briten. Lustige Bücher sind aber auch eine Ausnahme - die können auch Made in Germany sein. Vielleicht haben deutsche Erzählungen einfach einen zu kleinen Fokus. Sie beschäftigen sich mit Dingen, die man kennt, weil sie in Deutschland allgegenwärtig sind. Somit hängt mein Desinteresse an deutschen Autoren einfach damit zusammen, das ich etwas suche, das einfach nicht deutsch ist. Deutschland sehe ich jeden Tag. Aber wenn ich lese, will ich auch einmal was anderes sehen.

Grund Nr. 2 - Wenn Verlage schlafen oder das Interesse verlieren. Das ist besonders bei Buch-Reihen ärgerlich. Zum Beispiel die Virals-Bücher von Kathy Reichs und ihrem Sohn Brendan. Den ersten Teil habe ich auf deutsch gelesen, der Inhalt war spannend und machte Lust auf mehr (Mehr dazu in der Rezi zum Buch, die diese Woche noch kommt). Meine Recherche hat ergeben: es gibt 5 Virals-Romane + Kurzgeschichten-Sammlung. Aber nur die ersten 3 Teile davon sind überhaupt auf deutsch verfügbar. Das ist blöd, Leute! Wie soll man bitte eine Buch-Reihe sammeln/lesen, wenn man nicht mal alle Teile in der eigenen Sprache bekommt!? Somit kommt es einem zugute, wenn man sich ohne Bedenken einfach eine englische Ausgabe kaufen und lesen (und vor allem verstehen) kann. Auch davon betroffen sind die Bücher von Robert Thorogood. Der erste Death-in-Paradise-Roman wurde 2017 auf den deutschen Markt geworfen. Zwei Jahre nach der Original-Veröffentlichung. Von dem Rest gibt es aber noch keine Spur. Deswegen habe ich den zweiten Roman um DI Richard Poole einfach auf englisch gekauft. Ich habe keine Lust mehr zu warten.

Grund Nr. 3 - Man liest das ungefilterte Original. Durch Übersetzungen kann viel verloren gehen. Das kennen wir alle von Filmen, Serien und von Disney-Soundtracks (ja, auch da stimmt nicht immer alles!). Wortwitze oder Namen können durch die Übertragung in eine andere Sprache verschwinden und bleiben dem Lesern verborgen. Oder sie geben einem Rätsel auf. Wenn man allerdings Bücher im Original liest, kann man viel besser verstehen, was der Autor uns zu sagen hat. Das beste Beispiel dafür ist bei mir The Girl on The Train. Ich wollte es einfach nicht auf deutsch lesen. Ich besitze nicht mal eine deutsche Ausgabe. Und es war eine so tolle Erfahrung, sich mit der Sprache der Autorin zu beschäftigen. Natürlich gibt es Worte, die man nachschlagen muss (Incongruously ist so eins), aber das fördert das Verständnis. Auch ein Problem kann es sein, wenn Bücher beim übersetzen gekürzt werden, so wie es am Anfang mit den Outlander-Büchern geschah. Diese gibt es zwar inzwischen in ungekürzter Neuübersetzung, aber trotzdem gibt es bestimmt welche, die sich das Original gekauft haben, um nichts zu verpassen.

Grund Nr. 4 - man lernt dazu und erweitert seinen Wortschatz. Wenn man sowieso eine andere Sprache spricht, sodass man dazu in der Lage ist, sich im jeweiligen Land zurechtzufinden, kann man auch in der Sprache lesen. Sollte man noch dabei sein zu lernen, kann man so einen größeren Wortschatz aufbauen. Das funktioniert entweder mit einer bilingualen Ausgabe eines Buches oder, in dem man ein Buch auf englisch liest, das man im deutschen schon mehrfach gelesen hat (so habe ich das bei Das 10te Königreich gemacht). So entstehen Verknüpfungen zwischen Worten und Bildern und man bekommt ein schönes Gefühl für eine Sprache. Auch ich habe viel gelernt über die englische Sprache. Eine große Erkenntnis ist zum Beispiel, das Amerikaner und Briten die Sprache ganz anders benutzen. Ihre Wort- und Satzführungen unterscheiden sich merklich voneinander.

Natürlich führe ich oben erläuterte Gründe oft an, wenn ich gefragt werde. Und trotzdem ist es einigen Menschen zu viel Aufwand, den ich da betreibe. Vielleicht sehen sie es so, weil sie dann nicht einfach mal kurz in mein Buch reinschauen können. Schließlich gibt es auch heute noch Menschen, die englisch nur unzureichend beherrschen (das finde ich extrem schade, was für Welten einem da entgehen!). Es kann aber auch sein, das sich Leute neben jemandem wie mir, der fremdsprachige Bücher liest und es sogar versteht einfach doof fühlen und es dann auf mich projizieren (Nur für's Protokoll: ich bin genauso schlau und dumm wie jeder andere auch).

Jetzt, da ich mich genug unbeliebt gemacht habe, würde mich die Meinung anderer Leute zu meiner Argumentation interessieren. Sollte also ein Leser dieses Artikels die Lust verspüren, seinen eigenen Beitrag zu dieser Sichtweise zu geben, dann ist das mehr als willkommen. Diesen Artikel zu schreiben hat mir Spaß gemacht. Weil ich darin auf persönliche Erfahrung zurückgegriffen habe. Nun hätte ich gerne das passende Gegenstück als Lesermeinung.

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