Samstag, 4. Mai 2019

Sunderlands Gedankenwelt: Things not to say - Eurovision-Edition

Nachdem ich mit viel Lust und Freude den ersten Artikel über Things not to say geschrieben habe, ist mir irgendwann noch ein weiteres Thema eingefallen, bei dem ich es genauso machen kann: Der Eurovision Song Contest. Zwar hat er viele Fans, aber auch viele Leute, die ihn nicht mögen oder denen er egal ist. Diese Menschen tendieren ebenfalls zu Aussagen, die einem als Eurovision-Fan sehr zusetzen. So einer bin ich seit 2010, weswegen ich mir auch schon viel anhören musste.
Reflektieren wir mal:

#GER
1. Wir gewinnen doch sowieso nie
Das ist eine Aussage, die so deutsch ist, das sie schon wehtut. Natürlich sagen das auch Leute aus anderen Ländern, aber die Deutschen sind die größten Meckerziegen im Eurovisions-Land. Für die heißt es: Gewinnen oder gar nicht erst teilnehmen. Das sieht man vor allen Dingen nach dem nationalen Vorentscheid, dessen Sieger-Song fast immer verbal gewalzt wird. Daher sagt man auch, das wir nie eine Chance haben, den Sieg zu erringen. Jedoch ist das gar nicht Sinn der Sache: Der Contest soll Spaß machen und unterhalten. Das nur einer gewinnen kann, ist klar. Aber warum sich nicht einfach für den Sieger freuen? Und über den schönen Abend, den man verbracht hat? DAS ist wichtig beim ESC!.

ESC-Trivia - Deutschland konnte bereits zweimal den Contest gewinnen. 1982 mit Nicole und "Ein bisschen Frieden" und zuletzt 2010 mit Lena und dem Song "Satellite".


2. Die Songs/ Der Siegersong klingen grauenhaft
Dieser Satz ist wahr und falsch zugleich. Denn Musik ist Geschmackssache. Da inzwischen viele verschiedene Genres beim ESC vertreten sind, kommt es immer mal wieder vor, das wir Songs nicht mögen - weil sie zu laut oder zu langsam sind, weil der Text dumm ist oder die Stimme nicht gut klingt. Was viele hier aber machen: Alles über einen Kamm scheren. Nur weil das halbe Teilnehmerfeld langweilige Balladen oder schreckliche Kunstgriffe zu bieten hat, heißt es nicht, das der Rest genauso schlimm klingt. Man muss sich einfach darauf einlassen und reinhören. Denn dann findet man vielleicht sogar auch einen Song vom Contest, der einem gefällt.

ESC-Trivia: den Siegersong von 2015 fand ich einfach nicht gut, weil er so mainstream klang - ich fand ein Song, der etwas mehr besonders ist, hätte gewinnen sollen.

3. Die Voten doch eh nur für ihre Nachbarn
Das habe ich schon oft gehört, es interessiert mich eigentlich schon gar nicht mehr. Um allerdings fair zu sein: ja, das passiert manchmal. Durch den großen Ansturm beim Contest fällt dies aber fast gar nicht ins Gewicht. In den letzten Jahren zum Beispiel hätte kein einziges Nachbarschafts-Voting irgendwas an den obersten Rängen verändert. Lediglich weiter unten, wo ja sowieso zwangsläufig jemand landet, da würde sich was drehen. Somit sieht man: Nur den Nachbarn Punkte geben bringt nix, man braucht auch genug vom Rest der Länder.

ESC-Trivia: Obwohl Deutschland und Österreich Nachbarländer sind, gibt es oft so gut wie keinen Punktefluss. Das gleiche gilt für Aserbaidschan und Armenien. Man muss ja nicht alle seine Nachbarn mögen, oder?

Der Sampler von 2018 - mit den Songs aller Teilnehmer
Diese sind übrigens nach Ländercode
sortiert - nicht nach Platzierung
4. Das ist was für alte Leute
...sagen junge Menschen, die sich noch an die Anfangszeiten zu ihrer Kindheit erinnern. Da, wo man noch Grand Prix sagte und Oma und Opa es geschaut haben. Das Publikum ist aber über die Jahrzehnte immer jünger geworden und der Contest selbst ist zu einem leuchtenden Symbol für Integrität, Vielfalt, Akzeptanz und Toleranz geworden. Ein großer Teil der Fans gehört der LGBTQ+-Gemeinde an, die bei den zahlreichen Live-Events, die es um den Contest selbst noch gibt, ihrer Feierlaune freien Lauf lassen. Der ESC ist keine angestaubte Ball-Veranstaltung - es ist eine Party, die ganz Europa an einem Abend feiert.

ESC-Trivia: Nicht nur bei den jungenlichen Zuschauern ist der Contest beliebt - immer mehr Teilnehmer sind im Schnitt zwischen 18 und 28 Jahren alt.

5. Das guckt doch niemand
Du mich auch... Wenn keiner das Format anschauen würde, gäbe es den ESC wohl gar nicht mehr. Denn seit inzwischen 64 Jahren läuft jedes Jahr im Frühling diese Veranstaltung. Mehrere Millionen Menschen schauen sich das ganze an - und das allein in Deutschland. Laut meinen Recherchen schauen jedes Jahr durchschnittlich 180.000.000 Leute den Wettbewerb - und das in der ganzen Welt. Von Australien bis inzwischen sogar Amerika (Seit 2016 auf dem Sender LOGO TV - allerdings wohl nicht dieses Jahr, wie ich gelesen habe). Obendrein gibt es einen eigenen Shop für offizielle Fanartikel und Buchmacher haben jedes Jahr ihre helle Freude, wenn wieder mal gewettet wird, wer den diese Mal gewinnt. Und als Sahnehäubchen: Der Eurovision Song Contest steht als am längsten produziertes TV-Format im Guinness-Buch der Rekorde. Somit lebt ein Mensch, der diese Aussage trifft, in einer Höhle.

ESC-Trivia: Sogar China interessierte sich für die Ausstrahlung des Contests - nachdem aber beim ersten Anlauf zwei Acts zensiert wurden, hat sich die EBU gegen ein dauerhaftes Ausstrahlungsrecht entschieden.

6. Da geht es nur um Politik
So eine Aussage kommt definitiv von einer Person, die sich noch nie mit dem ESC beschäftigt hat. Denn nach der Behauptung mit den Nachbar-Punkten, wird die Politik gerne als nächstes angestellt. Das Punkte nur fließen, um politische Beziehungen zu pflegen. Der Rest besteht einfach nur daraus, in alles und jeden eine politische Absicht hineinzuinterpretieren. Jetzt mal ein bisschen Wissen: Der ESC wurde als nicht-politischer Wettbewerb gegründet, in dem es einzig um die Musik und das Miteinander geht. Das der ESC immer mal wieder unter politischen Attacken steht, liegt an den Medien - und den attackierenden. Trauriger Höhepunkt war 2017 - hier habe ich drüber geschrieben. Nichtsdestotrotz gibt es noch genug Menschen, die dem Geist der Sache nahe stehen und die Politik für einen Abend lang außer acht lassen.

ESC-Trivia: Um einen neuen Skandal um Politisierung beim ESC zu verhindern, hat die Urkaine dieses Jahr ihre Teilnahme zurückgezogen, nachdem die Siegerin des Vorentscheids, Maruv, sich geweigert hatte, einen Vertrag zu unterschreiben, der sie zu einem  politischen Instrument der Ukraine machen würde. Auch wurde ihre Loyalität angezweifelt und ihr wurde ihr Erfolg im "Aggressorstaat" Russland negativ ausgelegt.

7. Da gibt es doch nur Schlagermusik
Nicht mehr! Am Anfang bestand das Ganze noch aus sogenannten Chansons. Und Schlagersongs gab es auch viele - über die ganzen Jahrzehnte hinweg hat sich das Bild allerdings gewandelt. Inzwischen hat man viel Pop-Musik, darunter auch sogenannte Ethno-Pop-Nummern. Einige Beiträge klingen auch wie die Songs, die täglich durch das Radio rauschen. Und es gibt Siegersongs, die noch heute beliebt sind und sogar noch gespielt werden! Inzwischen hat der ESC eine so große Vielfalt an Genres, da wird es doch zwischen durchschnittlich 40 Songs mindestens einen geben, der einem gefällt?

ESC-Trivia: Songs die man immer noch im Radio hört sind zum Beispiel "Euphoria" von Loreen (Siegerin 2012), und "If I were sorry" von Frans (Teilnehmer 2016, hat noch nicht mal gewonnen!) - beide aus Schweden übrigens.

Ihr seht also, der Eurovision Song Contest ist weder schlimm, noch nervig. Man muss sich nur auf das Ganze einlassen. Denn die Musik bietet einem immer irgendwas. Ich habe damals auch erst nach dem hören einiger Beiträge festgestellt, das dort echt tolle Songs unterwegs sind und bin geblieben. Und ich bin sicher, das, wenn andere das auch tun würden, es einigen von ihnen auch so gehen würde. Die Musik ist das Wichtigste, nichts anderes!


Somit freue ich mich auf das Finale des Contest in genau zwei Wochen und hoffe, das meine Favoriten gute Plätze abbekommen. Auch dieses Mal habe ich im offiziellen Shop etwas bestellt, da mir das Event-Logo dieses Jahr abartig gut gefällt. Also wünsche ich viel Spaß bei der Eurovision!

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