Freitag, 16. April 2021

Aus dem Archiv: Warum UK beim ESC keine guten Chancen mehr hat und was der Brexit damit zu tun hat

Ein Kommentar zur unfairen Behandlung des Vereinigten Königreichs beim Eurovision Song Contests im Zuges des Austritt aus der europäischen Union.

Anmerkung: Diesen Artikel habe ich bereits letztes Jahr im März geschrieben und mich erst jetzt dazu entschieden, ihn zu veröffentlichen. Ich habe den Großteil unverändert gelassen und lediglich den Schluss überarbeitet und aktualisiert.

Tja, der Titel sagt es ja eigentlich schon. Ich finde das der Brexit dem vereinigten Königreich nicht gut tut. Das finde ich seit 2016 und habe meine Meinung seither nicht geändert. Immer noch bin ich davon überzeugt, das sich die Briten damit ins eigene Fleisch schneiden und Prognosen, das es funktionieren könnte, stehe ich sehr skeptisch gegenüber. Aber heute liegt mein Augenmerk auf dem ESC-Aspekt.

Bisher war für mich das (oftmals schlechte) Abschneiden meines eigenen Landes oft nebensächlich. Denn mit Großbritannien hatte ich immer noch ein zweites Land, für das ich fiebern und in diesem Fall sogar voten konnte (man darf nämlich nicht für das eigene Land stimmen e.g. Deutschland). Zwar erhielt UK in den letzten zehn Jahren keinerlei Punkte aus Deutschland, aber trotzdem versuche ich es jedes Jahr wieder. Und wichtig anzumerken: auch wenn die britischen Platzierungen weit entfernt waren von der Top 10, so waren die Bewohner der Insel immer noch besser als wir. Ich fände es toll, den ESC wieder nach England zurückkehren zu sehen, ist der letzte Sieg doch 1997 gewesen - also schon verdammt lang her. Auch könnte ich dann einen Urlaub in meinem Lieblingsland mit einem Besuch beim Wettbewerb verbinden.

Michael Rice
Vertreter UK 2019
Seitdem man entschieden hat die EU zu verlassen, gab es verschiedene Stadien. Zuerst schien der Beitrag für sich zu sprechen, schaffte Lucie Jones doch einen guten 15. Platz beim Finale in Kiew. Das war nach 2011 (Blue mit I can) endlich mal wieder eine deutliche Tendenz nach oben. Je länger und schwieriger die Verhandlungen des Brexit allerdings wurden, desto mehr schien sich das auch im Contest niederzuschlagen. 2018 belegte Sängerin SuRie Platz 24 (so wie Joe und Jake im Jahre 2016), was teilweise aber auch auf den Song selbst zurückgeht, der zwar gut ist, aber erst nach mehrfachem Hören funktioniert (auf jeden Fall ging es mir so). Vielleicht blieben auch mehr Televotes aus, nachdem der Sängerin auf der Bühne das Mikro entrissen wurde. Zwar erhielt sie es zurück und beendete den Song, trotzdem war sie echt angepisst. Den Auftritt zu wiederholen (wie bei einem Fall im Jahre 2010, wo Spanien erneut performen durfte), lehnte SuRie ab. Der Grund für diesen Post hier ist allerdings das Abschneiden von Großbritannien im Eurovision Song Contest 2019 in Tel Aviv. Nach einer sehr schönen Vorentscheidung sandten die Briten den aufstrebenden Sänger Michael Rice nach Israel, sein Song Bigger Than Us (unter anderem geschrieben vom schwedischen Vertreter John Lundvik) war 1a geeignet, um die Stimmgewalt und das Talent des Sängers unter Beweis zu stellen. Wer diesbezüglich mehr wissen möchte, sollte sich Michaels Auftritte in der britischen Show All Together Now ansehen. Findet man auf YouTube sehr gut.

Das Endergebnis in Tel Aviv
Die meisten erinnern sich beim Finale des Eurovision Song Contest Tel Aviv 2019 wohl eher daran, wie Madonna richtig hart versagt hat. Oder an den Moment, als Bar Rafaeli sich bei Deutschland entschuldigte, als es keine Punkte aus dem Televoting gab. Für mich war der größte WTF-Moment des Abends, als UK mit schlichten 16 Punkten das Schlusslicht bildete. Da sprang ich im Dreieck. Schließlich war der Song gut, der Sänger auch und ich bin fest davon überzeugt, das einzig und allein Europas Einstellung zum Brexit dieses Ergebnis hervorgerufen hat.

Natürlich habe ich keinen Daten, die das wirklich beweisen. Aber ich kann mir denken, was in den Köpfen der Zuschauer vor sich geht. Wer möchte den Briten nach ihrem Austritt noch gönnen, den ESC auszutragen? Durch den Austritt wird vieles schwieriger werden. Um also zu vermeiden, sich damit auseinander setzen zu müssen, lässt man das Land hinten runterfallen. Ein anderer Grund könnte auch das Verhalten der britischen Politiker in den Verhandlungen sein, die viel haben wollen und wenig tun wollen. Laut einem Artikel auf der deutschen ESC-Seite könnte es auch daran liegen, das Songs, die das Wort Universe benutzen, schlechter abschneiden. Ist angeblich ein Tabu-Wort. Und ich dachte immer schon, das ich Probleme mit gutem Content habe...

Meine Bottomline ist: behandelt UK beim ESC gefälligst etwas fairer! Denn mit Ländern wie Schweden, die sowieso immer in den Top 10 sind, einfach weil sie Schweden sind und sich demzufolge nicht anstrengen müssen, klappt es ja auch. Vielleicht zu gut. Ich hoffe, eine Verbesserung zu sehen, was das betrifft. Das liegt natürlich auch ein Stück weit bei Großbritannien und ihrer Song- und Künstlerauswahl. Da haben sie nicht immer einen ganz so guten Griff (siehe 2012 oder 2015). Auch der Song für letztes Jahr war eher bescheiden. One Last Breath hat so ein komisches Timing-Problem, das einem immer wieder wie ein kaputter Fingernagel sauer aufstieß. Damit wäre das Land wahrscheinlich wieder hinten gelandet. Inzwischen hat James Newman aber einen neuen und besseren Song namens Embers für dieses Jahr. Also wenn das Land schon mal einen guten Song hat, und das darf man gerne über alle Länder sagen, sollte das auch gewürdigt werden.

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