Montag, 10. August 2020

Sunderlands Gedankenwelt: Wie lange braucht ein gutes Buch?

Das ich diesen Artikel ausgerechnet jetzt, in 2020, auf meinem Blog poste, ist beinahe schon Ironie. Denn dieses Jahr werde ich das 10. Jubiläum begehen. Bis dahin ist noch Zeit, aber trotzdem werden einige denken "Das er noch nicht früher darauf gekommen ist". Schließlich gehöre ich zu den Autoren, die für ihre Projekte eine unbestimmte Bearbeitungszeit festgesetzt haben. Keine Deadline, kein Antrieb = kein fertiges Buch. Doch was viele gar nicht bedenken ist, das bestimmte Geschichten Zeit brauchen, um geschrieben zu werden.

Ich hätte nie gedacht, das 10 Jahre ins Land gehen werden und ich das erste Buch von Nightmare Forrest immer noch nicht fertig habe. Das kann sich bis zum Jubiläum zwar noch ändern, aber ich hetze mich nicht. Und der Grund ist, das Nightmare Forrest nicht nur ein Buch ist, sondern vier. Es handelt sich um eine große Geschichte, die viele Referenzen auf frühere und spätere Zeitpunkte hat. Das macht es unglaublich komplex. Somit ist der Schreibprozess nicht mal eben so zu schaffen. 

Erstwerke von Autoren werden nie nach ihrer Entstehungszeit gefragt. Man hatte ja Zeit. Die habe ich auch. Es gibt kaum Bücher von denen ich weiß, wie lange sie geschrieben wurden. Und meistens spielt das auch überhaupt keine Rolle. Außer vielleicht für den Autor selbst. Diana Gabaldon zum Beispiel wollte ihre Geschichte eigentlich nie veröffentlichen. Heute ist sie mit der Fertigstellung von Band 9 beschäftigt und hat bereits 5 Staffeln Serie, die auf ihren Büchern basieren. Von einem Buch weiß ich, wie lange es gedauert hat: Paula Hawkins hat The Girl on the Train in einem halben Jahr geschrieben. Die Kondition hätte ich gerne mal.

Wenn man sich erstmal etabliert hat, dürsten die Leser natürlich nach Nachschub, sobald die ersten Bücher durch sind. Dann muss man sich als Autor schneller an die Ideen heranarbeiten, um diese Nachfrage zu befriedigen. Zum Beispiel beneide ich Kathy Reichs darum, das sie es in der Zeit zwischen 1999 und 2013 geschafft hat, jedes Jahr ein Buch herauszubringen. Wie machte sie das? In einem Interview sagte sie mal, das sie sich jeden Tag hinsetzt und schreibt. Einfach, damit sie nicht aus der Übung kommt. Da sie aber auch in dem Metier zu Hause ist, in dem auch ihre Protagonistin arbeitet, fallen ihr neue Fälle wohl nicht schwer.

Erneut ist Gabaldon ein gutes Beispiel für meine These von oben: gewisse Stories brauchen Zeit. Die OUTLANDER-Bücher brauchen auch immer einige Zeit, bis sie fertig sind. Ok, Miss Gabaldon schreibt ja auch immer mindestens 1200 Seiten im Schnitt. Aber trotzdem nimmt sie sich die Zeit. Vor allem, da sie ja echte historische Fakten in ihre Geschichten mit einbindet und dafür richtig recherchieren muss, was sie laut einem Interview sehr gerne tut.

Alle Beispiel mal beiseite: Wie lange es dauert, bis ein gutes Buch geschrieben ist, egal ob Debüt, Anfang einer neuen Reihe oder die drölfzigste Fortsetzung, ist komplett unwichtig. Worauf es ankommt, ist die Komplexität der Handlung. Heutzutage gleichen sich einige Handlungen sehr, weil sie quasi oft genutzt werden. Man muss lediglich variieren und eigene Namen benutzen, schon hat man das Buch vollendet und kann es an einen Verlag schicken. Doch manche Autoren geben sich noch die Mühe etwas zu schreiben, das auf seine Weise ungewöhnlich, einzigartig und einnehmend ist. Und vor allem Einzigartig zu sein ist heute ziemlich schwer. Schließlich wurden schon sehr viele Geschichten erzählt.

Auch vom Genre ist es abhängig, wie lange es braucht. In einem Krimi oder Thriller müssen Hinweise oft gut versteckt und kaschiert werden, während ein Liebesroman keine tieferen Twists benötigt, die es zeit-intensiv zu schreiben gilt. Sci-Fi braucht bestimmt eine gewisse Recherche-Zeit, um Fehler zu vermeiden. Fantasy, könnte ich mir vorstellen, fließt bestimmt am besten, da man eine komplett eigene Welt erschafft, deren Regeln man selbst festlegt. In allen anderen Genres gibt es gewisse Grundregeln, die beim Schreiben ebenfalls noch zu beachten sind.

Das war gerade mal die erste Hälfte des Gedanken aus dem Titel. Doch was macht das Buch dann auch noch gut? Ob ein Buch gut ist oder nicht liegt im Auge des Betrachters. Jeder Mensch hat eine andere Vorstellung von einer guten Handlung, glaubwürdigen Charakteren und interessanten Schauplätzen. Nur, weil ein Buch keinen weiten Anklang findet, ist es nicht gleich schlecht. Und nur, weil ein Buch eine Bestseller ist, ist es nicht automatisch lesenswert. Was einem gefällt, entscheidet man selbst. Und wie lange man braucht, um seine eigene gute Geschichte zu Papier zu bringen, sollte im End-Effekt keinen was angehen. Denn das Ergebnis ist wichtig. Das man mit diesem Zufrieden ist. Trotzdem triggert es mich noch immer, wenn Leute die Zeit belächeln, die ich mir nehme. Aber alles hat seinen Grund. Und am Ende entscheidet der Leser, ob die Zeit gut investiert wurde...

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