Montag, 8. März 2021

I don't feel hate - unser Beitrag zum ESC2021

So wie letztes Jahr hat es keinen deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest gegeben. Das stört mich jetzt nicht großartig, war ich doch oft genug von der Moderation genervt. Nichtsdestotrotz steht der neue Beitrag für die Shows in Rotterdam bereits fest - und das finde ich diesmal äußerst gut.


Das für dieses Jahr angepasste Logo zum
Eurovision Song Contest
Nachdem der letzte ESC aufgrund der Pandemie nicht stattfinden konnte und somit neue Songs (und teilweise auch neue Künstler) hermussten, blieb Deutschland bei einem internen Prozess, mit dem ich mich nicht wirklich näher beschäftigt habe. Herausgekommen ist ein Sänger namens Jendrik aus Hamburg, der vor einigen Tagen seinen Song mit dem Titel I don't feel hate vorgestellt hat. Als ich das erste Mal von dem Künstler laß und sein Bild sah, dachte ich mir "Oh ok, sie haben jemanden gefunden. Gut." Der gewählte Vertreter aus dem Vorjahr, Ben Dolic, hatte sich ja aus dem Auswahlprozess zurückgezogen. Ich hatte Jendrik eigentlich schon wieder vergessen, als ich ganz zufällig über das Musikvideo zu unserem Beitrag stolperte…

Das Video beginnt auf eine Weise, die einen zuerst stutzig macht. Man fragt sich "Was geht da vor?", aber irgendwie ist es auch witzig. Und als der Song einsetzte, konnte ich bereits nach der ersten Songzeile nichts weiter tun, als lächeln. Das Video ist bunt und viel zu viel, um es beim ersten schauen alles in sich aufzunehmen. Überraschenderweise scheint der NDR einen Künstler gewählt zu haben, der nicht bieder und fromm daherkommt, um einfach nur ein Lied zu singen. Jendriks Vorsatz scheint "ich will Spaß haben" zu sein, das nehme ich aus dem Video mit. Und ich finde das ist genau das, was unsere angestaubte Nation beim Contest gebrauchen kann.

Das Lied selbst ist eine Botschaft an alle, die immer irgendwas zu meckern haben - im weitesten Sinne. Im Video sehen wir Situationen nachgestellt, in denen Menschen andere schlechter behandeln, einfach weil sie aus dem Rahmen fallen. Und Jendrik will uns mit seinem Song sagen: Deine Meinung ist mir schnuppe. Das ist eine sehr wertvolle Botschaft in einer Zeit, in der es wahnsinnig schwer ist, seine eigene Stimme zu hören, ohne sich von der Umgebung beeinflussen zu lassen. Jeder will der Beste sein (kein Pokemon-Pun intended), und alle jagen irgendwelchen Idealen hinterher, die im Endeffekt total dämlich und unnötig sind. Wer da nicht mitmacht, wird gehated. Doch Jendrik gibt uns hier ein Lied an die Hand, mit dem wir diesen hate ganz gekonnt parieren können.

Für den Song hat der Künstler als Instrument unter anderem eine Ukulele gewählt. Das schien für viele
ESC-Kritiker gleich zu heißen, das es wohl wieder nix wird. Aber selbst wenn man das kleine hawaiianische Gitarren-Baby nicht wirklich als Hitgaranten auf der Liste hat, zeigt das anhören des Songs, das man erst einmal abwarten sollte, wie es klingt. Zum Beispiel hätte ich vielleicht komisch geguckt, hätte man mir früher gesagt, das ich gerne Violine mag - in Form von Lindsey Stirling. Sie gehört zu den Musikern, die beweisen, das jedes Instrument aufregende und schöne Musik machen kann. Insgesamt ist das Arrangement des Songs sehr aufregend und eingängig gestaltet, was es bereits nach dem ersten Hören zu einem Ohrwurm macht. 

Gesanglich würde ich sagen ist Jendrik ziemlich sicher unterwegs. Sein Song zeichnet sich damit aus, nicht gleich alle Schallgrenzen zu sprengen, die es gibt. Das ist auch positiv für mich. Zwar hört man gerne außergewöhnliche Stimmen, doch gerade weil dieser Song sich auf einem wie ich sagen möchte sicheren Register bewegt, ist er gut hörbar und macht aufgrund seines Sounds gute Laune. Auch bin ich gespannt, was für andere Songs noch folgen könnten, wenn der ESC erst einmal vorbei ist. Vielleicht macht Jendrik ein Album. Anhören würde ich es auf jeden Fall, weil ich doch so neugierig bin.

Ich hoffe ja das meine Meinung nicht zu distorted herüberkommt. Was ich einfach sagen kann: So selten es auch vorkommen mag, bin ich äußerst zufrieden mit unseren Beitrag. Auch ist es der erste, den ich für dieses Jahr überhaupt gehört habe. Und ich rechne mir für uns doch mal gute Chancen aus. Erst das hören von I don't feel hate hat mich daran erinnert, wie sehr ich mich darauf freue, dieses Jahr endlich wieder ein Eurovision Song Contest schauen zu können. Und das ist doch schon mal was. Auch kann ich das Release der offiziellen CD (wahrscheinlich wie immer im April) kaum noch erwarten.

einfach auf das Bild klicken, um zum Musikvideo zu gelangen

In weiteren Neuigkeiten: Armenien hat sich vor kurzem dazu entschlossen, sich vom diesjährigen Eurovision Song Contest zurückzuziehen. Als Grund hat der Sender abgegeben, das man sich nach dem strapaziösen Jahr 2020 ein wenig erholen wolle - war ja auch anstrengend genug für uns alle. Ich denke mal, das es auch an den finanziellen Ressourcen gezerrt hat und man einfach Prioritäten setzen musste. Laut einigen ESC-Fans war diese Entscheidung absehbar. Wenigstens Azerbaijan sollte sich freuen, die mögen Armenien ohnehin nicht wirklich. Das Land wird aber nächstes Jahr wieder zurückkehren.

Außerdem: Auf Zypern wird derzeit demonstriert - und zwar gegen den gewählten Beitrag. Denn dieser trägt den Titel El Diablo, was einigen religiösen Menschen ziemlich sauer aufstößt. Sie verlangen, die Teilnahme des Songs zu unterbinden. Ich habe das Lied bisher noch nicht gehört. So wie ich es sehe gibt es zwei Möglichkeiten: entweder die religiösen Zyprioten haben im Moment nix besseres zu tun oder die Leute wissen, das ihr Beitrag mist ist und wollen sich so aus der Affäre ziehen. Fände ich irgendwie witzig. Aber vielleicht ist das Lied ja gut, wer weiß...

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