Mittwoch, 9. März 2022

Germany 12 Points - der deutsche Vorentscheid

Da heute endlich der erste Tag dieser Woche ist, an dem mich mein Job nicht in den Wahnsinn getrieben hat (obwohl mein Drucker auch sein "bestes" versucht hat), nehme ich mir endlich die Zeit, den angekündigten Post über den deutschen ESC-Vorentscheid zu schreiben. Natürlich habe ich mir nebenbei einige Notizen gemacht. Deshalb kommt jetzt mein Recap.


Zuerst mal ein Wort zum Titel der Sendung. Denn der gefällt mir gar nicht. Damit porträtiert der NDR mal wieder, wie wichtig es ihnen ist, gut abzuschneiden. Und ja, eine halbwegs gute Platzierung zu wollen, vor allem nach den letzten Jahren, kann ich irgendwo nachvollziehen. Doch trotzdem kommt es so rüber, als wäre gewinnen das höchste Gut hier. Nunja, nicht beim ESC, wo die Teilnahme Gewinn genug sein sollte. Das die meisten deutschen aber diese strikte Gewinn-Mentalität haben, lässt sich wohl niemals wirklich abstellen. Ein Titel a la "Unser Song für Turin" wäre schöner gewesen.

Abgesehen von diesem kleinen Dorn habe ich es eigentlich sehr genossen, mal wieder einen Vorentscheid zu sehen. In den letzten zwei Jahren gab es ja keinen. Und es war absehbar, das der zugekokste Discohamster wieder moderiert. Damit komme ich zum Intro des Abends, das ich irgendwie ein wenig cringe fand (und der Gebrauch dieses Wortes ist ja inzwischen ebenfalls cringe) und von der gewohnt aufgepumpten Art von Babsi mit de Schöneberge begleitet wurde. Zum Glück waren auch noch andere Gäste im Studio - so wie Bülent Ceylan, dessen Anwesenheit ich eigentlich gut fand. Er sollte vielleicht mal mehr moderieren in ESC-Kreisen. Aber bitte ohne BS.

Auch Conchita war da - als Gewinnerin von 2014 natürlich ein Eurovision-Star. Dazu die Sängerin von Texas Lightning (gibt es die Band eigentlich noch) und irgendein anderer Comedian, dessen Name nie bei mir hängen bleibt. Gemeinsam wurde erstmal gemütlich geplaudert, das hat mich irgendwie gelangweilt. Denn da ich im Vorfeld keinen der Teilnehmer angehört habe, wollte ich endlich die Songs hören. Deswegen komme ich jetzt ohne viel Geschnattere zum Kern.

Motto und Logo für Turin 2022

1. Malik Harris - Rockstars
Der Song, der ja am Ende des Abends gewählt wurde, kam als erster. Auch interessant. Dabei sagt man doch immer, das man in den hinteren Rängen größere Chancen hast - auf jeden Fall beim ESC. Hier war das Gegenteil der Fall, denn dieser sehr durchschnittliche Popsong hat für mich keine großen oder besonderen Momente. Die Botschaft hinter dem Text, damit kann ich was anfangen. Auch ich denke oft an bessere Jahre zurück, in denen alles einfacher war. Trotzdem wäre dieses Lied nicht meine erste Wahl gewesen. Vielleicht hat das Stand for Ukraine auf der Rückseite seiner Gitarre ja geholfen. Trotzdem wünsche ich viel Glück in Italien.

2. Mael und Jonas - I swear to God
Aus einem Grund, der mir selbst unbekannt ist, sind diese zwei für mich zu den Favoriten des Abends avanciert. Die beiden sind definitiv irgendwie verpeilt - eine Gattung Mensch, mit der ich definitiv am meisten anfangen kann. Die Energie ihres Songs, der mir besser gefallen hat, als ich bei dem Titel erst dachte, hat es geschafft, mich einzufangen. Ich habe sogar für die beiden gevotet - und das mache ich sonst nur beim Grand Finale.

3. Eros Atomus - Alive
Sowas gab es beim ESC schonmal, glaub ich. Zumal der Titel Alive nicht wirklich originell ist. Das ist mitunter ein Grund, das ich den Song im Radio wahrscheinlich nicht großartig beachten würde und er im großen Finale im Mai zwischen den doch etwas auffälligeren Stücken untergegangen wäre. Der Gesang war nicht mal schlecht - doch das Lied bleibt einfach nicht hängen.

4. Emily Roberts - Soap
Die Stage fand ich cool. Weil es passte ja zum Thema des Songs. Jedoch konnte mich die Sängerin selbst gar nicht überzeugen. Der Gesang war einfach nicht gut für mich. Und auch meine Freunde, mit denen ich nebenbei gechattet habe, fragten sich, wer die Praktikantin auf die Bühne gelassen hat. Die Idee hinter dem Song war auch originell. Nur leider nicht so toll umgesetzt.
 
5. Felicia Lu - Anxiety
2017 war sie schon mal da, beim Vorentscheid. Und hat damals einen Lieblingssong von mir performt, jedoch nicht auf eine Weise, die mir gefallen hat. Anscheinend wollte sie es aber doch noch mal probieren. Ihr Outfit hat mir gut gefallen, darin sah sie richtig smart aus. Der Song irgendwie... hat keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Trotz das sie den Vorteil hatte, schonmal da gewesen zu sein. Das ist irgendwie kein guter Weg.

6. Nico Suave & team Liebe - Hallo Welt
Ein Song auf Deutsch. Mit englischen Parts. Das so etwas überhaupt in unserem Vorentscheid passiert, wundert mich ja. Denn wir haben schon seit Jahren unsere Sprache so vernachlässigt, dabei ist sie gar nicht so schlecht. Wäre mal eine Abwechslung, unser Land in Deutsch zu repräsentieren. Der Stil und der thematische Inhalt passen sehr gut in die heutige Zeit. Aber anscheinend war das Konzept nicht ganz so der Fall der Voter. Aber die Hoffnung, das es in den nächsten Jahren mal mit unserer Sprache klappt, behalte ich mir trotzdem.


Um die Zeit während des Votings zu überbrücken gab es mal wieder ein Medley von ehemaligen ESC-Songs. Seit Jahren habe ich kein No No Never mehr gehört... das war ein schöner Moment in der Show. Dieser war dann gefolgt von einem sehr starken Auftritt von Jamala, der ESC-Siegerin von 2016. Ein Beitrag hat gezeigt, wie sie mit ihren Kinder aus der Ukraine fliehen musste und ihr Mann zurück blieb. Dann performte sie ihren Titel 1944 auf eine so emotionale Weise, das sogar die ganzen Twitter-Kommentare davon sprachen, das dies ein großer Fernsehmoment war. Und das stimmt auch. Es hat die Zuschauer berührt, genauso wie das Interview, das Barbara Schöneberger danach mit ihr führt. Da konnte sie ihre zwanghafte Fröhlichkeit mal für ein paar Minuten ablegen. Sollte sie öfter tun.


Das Voting hat mir viel Stirnrunzeln bereitet. Wie kann es sein, das alle diese Radio-Menschen ihre Punkte nahezu gleich verteilen? Das scheint mir mehr als purer Zufall. Ok, in diesem Fall standen nach den Radio-Votes meine kurzerhand gewonnenen Favoriten oben. Normal scheint mir das trotzdem nicht. Dann kamen die Zuschauerstimmen dazu. Diese haben für mich deutlich mehr Sinn gemacht.

Fazot: Ich habe die Sendung genossen. Am Anfang hatte ich keinen Favoriten, dann war ich irgendwie auf der Schiene von Mael und Jonas. Und deshalb habe ich gehofft, das die beiden es schaffen. Dann gewann Malik Harris. Und ich bin gespannt, wie sein Song in Turin ankommen wird. Die Twitter-Kommentare zwischendurch fand ich sehr erheiternd, zumal viele das twitterten, was auch mir durch den Kopf ging. Also, beim nächsten Mal die guten Elemente behalten und verfeinern. Dann klappt es auch mit einer guten Teilnahme.

Dann mal viel Glück in Italien

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