Samstag, 18. Februar 2023

Film-Review: Encanto

Die letzten beiden Blog-Posts waren ziemlich ernst, weswegen ich heute um ein bisschen Auflockerung bemüht bin. Und was eignet sich dabei besser als eine Review. Denn wenn ich einen Soundtrack überhaupt nicht mehr aus dem Kopf bekomme, dann ist das ein Zeichen dafür, das ich den Film jeden Tag schauen könnte. Und das hatte ich irgendwie schon lange nicht mehr. So toll andere Soundtracks der vergangenen Jahre auch waren (wie der zu Frozen 2 zum Beispiel), nichts schlägt das Meisterwerk, das sich Encanto nennt - mein Lieblingsfilm 2022 quasi. 

Bevor ich den Film sehen konnte, wurde ich ebenfalls vom Bruno-Craze angesteckt. Denn "We don't talk about Bruno" konnte ich irgendwann nicht mehr ignorieren - geschweige denn entkommen. Deshalb überlegte ich mir kurz vor dem Release auf DVD/Blu-ray, den Film samt den Soundtracks (deutsch und englisch) einfach zu bestellen und auf mich wirken zu lassen. In seiner Gesamtheit. Ich hatte auch schon Trailer gesehen, die mein Interesse geweckt haben. Und sowas passiert heutzutage nicht mehr so oft bei mir. Achtung: es kann unter Umständen zu Spoilern kommen.

HANDLUNG:
In den Bergen Kolumbiens gibt es einen Ort, der sich Encanto nennt. Dort lebt die magische Familie Madrigal, in der jedes Mitglied eine besondere Gabe hat. Naja, fast. Denn Mirabel ist die Einzige von ihnen, die ganz normal ist. Das findet sie aber nicht sonderlich schlimm, denn sie liebt ihre Familie. So wie sie ist. Trotzdem gibt es Momente in denen Mirabel nicht verstehen kann, warum damals ausgerechnet sie keine Gabe erhalten hat. Dann ist das Wunder, das ihre Abuela vor vielen Jahren erhalten hat, in Gefahr. Genau wie die Familie, das magische Haus Casita und das gesamte Encanto. Entgegen der Auffassung der anderen macht sich Mirabel auf die Suche nach dem Grund, warum das Wunder am kränkeln ist. Dabei lernt sie mehr über ihre Familie, als sie erwartet hat.

die Familie Madrigal

Der Fokus dieses Plots liegt gesamt auf dem Punkt Familiendynamik. Jeder hat eine andere Begabung, mit der sie der Gesellschaft ihren Dienst erweisen. Denn nur so, sagt Abuela, kann man es sich verdienen, ein Wunder zu bekommen. Das ist eine gute Botschaft - das man etwas nicht nur bekommt, sondern es sich auch verdienen muss. Es werden auch Themen porträtiert wie der Druck der älteren Geschwister, das sie mehr wissen als die jüngeren; Erwartungshaltungen zwischen den einzelnen Mitgliedern und wie wichtig es ist, einander zu vertrauen und miteinander zu sprechen. Gerade dieser Kern macht die Film für viele so warm - weil sie mitfühlen können. Jeder kann sich hier wiederfinden. Auch ich kenne die Probleme, die es in einer Familie geben kann zu genüge. Und das man die Botschaft sendet, das man alles überstehen kann, ist sehr tröstlich. Vor allem in der heutigen Zeit.

DIE SYNCHRONISATION:
Es ist seit langem das erste Mal, das mich die deutsche Fassung eines Disney-Films so zufrieden stellt. Zum Beispiel finde ich die Stimme von Magdalena Turba so toll und passend für Mirabel, das vor allem ihr Gesang und Timing einem Freude bereitet. Zumal sie nicht klingt wie die anderen Disney-Stimmen. Sie hat etwas besonderes. Ein weiteres Highlight ist Yvonne Greitzke (Die Stimme von Anna aus Frozen), die bei Encanto nicht nur Isabela spricht, sondern auch singt. Das kann sie nämlich auch. Zu gerne wüsste ich, warum sie das bei Anna nicht auch gemacht hat. Ihre Performance hat mir sehr gut gefallen. Das gilt auch für Cathlen Gawlich, die Pepa Madrigal gesprochen hat. Eigentlich die deutsche Stimme von Sandy aus SpongeBob hört man sie hier in einer natürlicheren Weise. Leider war ihre Figur so kurz. Davon hätte ich gerne mehr. So empfinde ich es bei Camilo ebenfalls - denn Alvaro Soler hat seinen Job auch gut gemacht für den relativ kleinen Part dieser Figur. Wir brauchen eine Fortsetzung, die sich auf diese Charaktere fokussiert. Zum Glück ist Soler mit der deutschen Version von "Dos Oroguitas" ebenfalls ein Grund, den Abspann einfach laufen zu lassen.

Zur englischen Fassung kann ich indes nur sagen, dass ich sie auch wirklich toll finde. Hier kenne ich allerdings die meisten Sprecher nicht, was aber der Performance nichts abtut. Denn Jessica Darrow, Adassa und Stephanie Beatriz (um nur einige zu nennen) beleben die Charaktere mit ihren Stimmen auf eine wundervolle Art, die süchtig macht. Ein Film, den man immer wieder schauen möchte.

DIE MUSIK:
Jeder einzelne Song von Encanto ist so elektrisierend, so anders als der davor, das man bei dieser Vielfalt einfach gar nicht meckern kann! Die Texte (in beiden Sprachen) sind einfach fantastisch gelungen und umgesetzt worden. Das Intro "The Family Madrigal" stellt uns alle Figuren auf eine Flotte weise vor, die ich bisher noch nie gesehen habe. Mirabels "Waiting on a Miracle" ist für mich der klassische I-Want-Song, in dem sie ihre Gefühle beschreibt, mit denen sich viele stark identifizieren können. Sowohl "Surface Pressure" als auch "What else can I do" lassen uns tiefer in die jeweiligen Figuren einblicken. Denn erst dadurch erkennt man, welchem Druck sie wirklich unterliegen und was sie zu dem macht, was sie sind. "Dos Oroguitas" ist wohl der schönste Spanisch-sprachige Song, den es je in einem Disney-Film gegeben hat(Sorry, Coco), er rührt einen so sehr, das die melodische Referenz zu Under the sea aus Arielle beinahe schon mehr ist als das Pünktchen auf dem i. Lin Manuel Miranda (Hamilton, Moana) hat mit diesem Film wirklich mehr als bewiesen, dass er etwas von seinem Handwerk versteht. Es ist seine beste Arbeit, die für mich sogar mit einem Menken-Soundtrack mithalten kann. Übrigens: zusammen mit Menken wird Miranda am Soundtrack zur Real-Verfilmung von Arielle arbeiten. Wir sind gespannt.

Alan Menken mit Lin-Manuel Miranda
Als letztes möchte in den Stil loben. Die Animation ist einfach fantastisch gelungen. Alles ist so schön bunt, die Farbvielfalt und das authentische kolumbianische Flair entführt einen in die Welt diese Films. Man mag dazu bedenken: dieser Film entstand während der Pandemie, wo die meisten von zu Hause aus arbeiten mussten. Und falls ich das noch nicht gesagt habe: der Film ist zu kurz! Wir brauchen unbedingt mehr Zeit mit den Madrigals, der Casita und dem gesamten Encanto. Denn es kommt selten vor, das einfach alles stimmt. Die Musik, das Setting, die Handlung, die Dialoge, die Charaktere, die Animation. Encanto ist der Film, den man gesehen haben muss. Wer ihn nicht kennt, ist automatisch uncool.

Ja, ich weiß. Meine Rezension kommt etwas sehr spät, um das so zu sagen. Aber sowas fließt einem nicht immer so leicht von der Hand. Und mit seiner Sicht auf Familie und Zusammenhalt ist dies ein Film, der bestimmt nie alt wird. Und in 30 Jahren ist Encanto vielleicht genauso ein Klassiker, wie die anderen Disney-Filme, die heute noch genauso gerne geschaut werden, wie früher.

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