Montag, 6. März 2023

Unser Lied für Liverpool - der deutsche Vorentscheid 2023

Die Zeit bis zum Eurovision Song Contest wird immer kürzer und mehr und mehr Länder wählen ihren Beitrag für die Shows in Liverpool. Und am Freitag, den 03. März, hat auch Deutschland aus einem Feld von acht Teilnehmer den Song entschieden, der im Mai für uns Punkte holen soll. Natürlich habe ich als ESC-Fan die Sendung geschaut - dieses Mal auch mit einer Freundin zusammen - und möchte mich jetzt darüber auslassen.

WER SO IM STUDIO WAR
Moderiert wurde das ganze natürlich von unserem zugekoksten Discohamster, der Bratze Schöneberger. Und dieses Mal hatte sie sogar noch Verstärkung in der Form von Studiogästen. Den auf einer Couch bequatschte sie jeden einzelnen Auftritt mit Florian Silbereisen, Ilse De Lange und Riccardo Simonetti. Meine erste Frage war: Was genau hatten diese Leute dort verloren. Klar, De Lange war als Teil der Common Linnets 2014 selbst auf der großen ESC-Bühne, aber die anderen zwei hatten für mich keine sonderlich ersichtliche Verbindung zum ESC. Sie können sich höchstens als Fans bezeichnen, mehr nicht. Ich bin auch Fan, warum durfte ich da nicht auf die Couch? Naja, einen ganzen Abend auf der gleichen Sitzfläche wie Babsi mit de schöne Berge zu verbringen, ist auch nicht meine Vorstellung eines tollen Events.


Natürlich war unsere Moderatöse so künstlich aufgedreht wie immer. Laut meiner Mutter, die mal kurz eingeschaltet hatte, waren die Augen der Frau so stark gerötet, man könnte denken, sie hat vor der Sendung einen Joint geraucht, um sich selbst besser ertragen zu können. Und dieser Gedanke geht noch weiter, da sie immer wieder von irgendwelchem Flussgras anfing, das ein Act während des Auftritt für das Bühnenbild benutzt hatte. Sie hat sogar welches benutzt, um sich dahinter zu verstecken. Laut einer weiteren Freundin, die das Programm geschaut hatte, war das Flussgras leider nicht deckend genug.

DIE ACTS UND IHRE AUFTRITTE
Am wichtigsten sind ja sowieso die Songs, die sich um den Einzug beim Eurovision Song Contest beworben hatten. Und diese zeigten in diesem Jahr eine recht schöne Vielfalt. Balladen, verschiedenster Pop, Rock, Punk - man hat alles geboten bekommen. Leider fehlte auf der Bühne einer der eigentlich neun Acts, den Frida-Gold-Frontsängerin Alina Süggeler war kurzfristig erkrankt, so das die Band leider ausschied. Das habe ich selbst erst einige Stunden vor der Show erfahren und hat mich echt traurig gemacht. Da ist mal ein guter deutscher Song dabei, und dann passiert das. Es bleibt zu hoffen, das Frida Gold innerhalb der nächsten Jahre einen neuen Versuch starten, uns beim ESC zu vertreten.

Side-Rant: Ich habe mich ein wenig darüber aufgeregt, das sich Frau Schöneberger offensichtlich nicht so viel mit den Künstlern befasst, die in so einer Sendung auftreten. Denn als sie gute Besserung an die Sängerin wünschte, bezeichnete sie diese als Frida. Das würde jeder tun, der denkt, dass Frida Gold der Name (wenn auch Künstlername, denn wer heißt schon wirklich Gold mit Nachnamen) der weiblichen Frontfrau ist. Wie oben erwähnt, heißt diese aber Alina, was anscheinend noch nicht bei Babsi angekommen war. Ich erwarte von jemanden, der so eine Sendung moderiert, solche kleinen Details zu wissen.

Ok, jetzt zu den Liedern, die performt wurden. Ich versuche, die Reihenfolge aus der Sendung zusammenzubekommen, deswegen seid nicht böse, wenn ich ein oder zwei Auftritte verdrehe.

Trong - Dare to be different
Ein munterer Pop-Song mit Botschaft, der für mich klingt wie K-Pop ohne den finalen Bums. Gut performt und vor allem durch die Tanzeinlagen des Sängers und seiner Background-Tänzer visuell nahrhaft eine nette Eröffnung der Show. Wenn ich sage ohne den finalen Bums, meine ich damit, das bei dem Song noch einige Elemente gefehlt haben, damit die Bühne wackelt. Als wäre es eine Demo-Version, bei der noch einige Instrumente und Bässe fehlen. Auch fand ich, so gut seine Moves auch waren, er sollte sich mehr aufs singen als aufs tanzen konzentrieren. Ich werte Mal so 3 von 5 Punkten.

René Miller - Concrete Heart
Da ich in den letzten Wochen öfter nachts auf VOX Medical Detectives schaue, habe ich den Song ziemlich oft gehört - denn er wird dort in einer Kampagne des Senders für sein aktuelles Line-up an Shows verwendet. Aber auch schon vorher gehörte der Song zu den Top drei meiner Favoriten. Ich habe auch eine Stimme für ihn abgegeben (nein, zwei. Einmal Online und einmal per SMS), da sein Song mich angesprochen hat. Während seiner Performance auf einem großen unförmigen Zement-Block (passt sehr deutlich zum Titel des Songs) hat er alles gegeben und seine Stimme war richtig genial. Ihn hätte ich gerne in Liverpool gesehen. Hoffentlich hören wir noch mehr von ihm - 5 von 5 Punkten.


Anica Russo - Once Upon A Dream
Dieses Lied ist für mich schlecht zu greifen. Auf der einen Seite ist es vom hören sehr träge, wie manche Balladen es halt sind. Auch sein Inhalt ist mir leider nicht in Erinnerung geblieben. Aber auf der anderen Seite, hat Anica auf der Bühne toll performt und klang sehr gut. Vielleicht sollte sie das nächste Mal eine andere Art von Song wählen, denn stimmlich hat sie was drauf. Sie hatte das besagte Flussgras im Set, was die Babsi so toll fand. Von mit gibt es so 3 von 5 Punkten.

Lonely Spring - Misfit
Das ist eher weniger meine Musikrichtung, wenn ich ganz ehrlich bin. Und ich bin auch überzeugt, das sie das sich wiederholende "Fuck" in ihrem Songtext auf der großen Bühne in Liverpool sowieso hätten zensieren müssen. Denn ich glaube, die EBU mag keine Schimpfwörter beim Wettbewerb. Aber auch hier muss ich den Auftritt an sich loben, der wirklich gut war. Die Jungs hatten spaß und darum geht es ja. Und es zeigt, das das Anhören der Songs vor den Auftritten nur die halbe Miete ist. Nur, wenn es auch live stimmt, wird ein Schuh draus. Auch die Stinkefinger am Ende könnten den Verantwortlichen beim ESC etwas zu viel sein, wäre es soweit gekommen - ich sage mal so 2,5 von 5 Punkten.

Will Church - Hold On
Deutlich angenehmere Klänge waren bei diesem Auftritt zu hören - der nach dem Ausscheiden von Frida Gold in meine persönliche Top 3 vorgerückt ist. Durch sein Vorstellungsvideo allein war der Sänger mir und meinen Freunden äußerst sympathisch und sein Gesang wäre eine gute Partie für Liverpool gewesen. Und schließlich ist er der Sieger des Jury-Votings, das darf man auch nicht außer acht lassen. Ich muss aber sagen, das er ein klein bisschen wie Sam Ryder daherkommt, mit langen Haaren und vielfältig aufgelegter Stimme - da spendiere ich mal 4,5 von 5 Punkten

Patty Gurdy - Melodies of Hope
Dies hier war auf jeden Fall die Favoritin einer Freundin, die auch ihr Genre sehr gerne mag. Mit ihrer Drehleier stach sie einfach hervor, da es mal etwas unverbrauchtes war. Das Lied an sich ist auch sehr schön und war ebenfalls in meiner Top 3. Zum Auftritt muss ich aber sagen, das Patty nicht 100% abgeliefert hat. Sie klang nicht so klar wie in der Studio-Fassung, was ja irgendwie klar ist, aber wohl auch den ein oder anderen davon abgehalten hat, seine Stimme abzugeben. Sie war aber trotzdem glücklich, aufzutreten und hat ihre Platzierung im Voting gar nicht verdient. Sie war besser als Platz 8. Hier haben wir auch 4,5 von 5 Punkten.


Ikke Hüftgold - Lied mit gutem Text
Ganz ehrlich, dazu kann ich gar nicht viel sagen, denn hier habe ich den Ton abgedreht. Keiner von uns sieht Ballermann-Schlager als ESC-Tauglich an - dieser Ansicht waren auch die Juries der anderen Länder, denn er erhielt kaum Punkte von ihnen. In seinem komischen Goldfummel und mit den komischen Kreaturen mit ihm auf der Bühne war das ganze eine Qual von drei Minuten, der wir uns entzogen haben. Sogar beim Schnelldurchlauf Nr. 2 hat man freiwillig kurz auf stumm gestellt. Das sagt viel aus. Warum sowas über 100 Punkte aus dem Voting für das Publikum erhält, ist mir schleierhaft. Denn wenn man sich die Rückmeldung der ausländischen Juries wirklich mal anschaut, wird klar, das man mit so einem Quatsch beim ESC keinen Blumentopf gewinnt. Von mir (und ganz vielen anderen abgeneigten) gibt es hier -1000 von 5 Punkten.

Lord of the Lost - Blood and Glitter
Wie passend, das der letzte Song auch der Sieger des Vorentscheides ist. Angeblich sollen die hinteren Songs im ESC-Finale ja auch bessere Chancen im Voting haben, da man sie eher noch in Erinnerung hat. Hier scheint das echt geklappt zu haben. Diese Dark-Rock-Band hat bei ihrem Auftritt einfach nur abgeliefert. Na klar, sie sind alte Hasen - sind sie doch sogar schon mit Iron Maiden aufgetreten - und wissen, wie es geht. Auch dies ist nicht wirklich meine Musikrichtung. Aber ich habe deutlich gesehen, wie das Publikum bei so einem Beitrag abgehen kann. Unser Song ist nicht Langweilig. Er macht was her. Ich vergebe hier mal faire 3,5 von 5 Punkten.

So sehen Sieger aus - wir sind gespannt auf Liverpool

WAS SONST NOCH SO WAR
Irgendwann zwischendurch war Ilse De Lange vom Sofa verschwunden. Man mag denken, sie hatte keine Lust mehr auf Babsi und Florian Silberblick - aber dann stellte sich lediglich heraus, dass sie Teil des Intervall-Acts war. Denn Boss Hoss traten auf und sangen mit ihr einen Song.

Einen Shitstorm gab es wegen einer Sache, die ich während der Sendung nur halb wahrgenommen habe. Im Publikum saß niemand geringeres als Katja Ebstein - Schlagerlegende und ehemalige Teilnehmerin des Eurovision Song Contest (früher noch Grand Prix oder L'eurovision de la chanson genannt). Sie war privat als Zuschauerin gekommen, doch die Schönebratze hatte nix besseres zu tun, als sie regelrecht ins Rampenlicht zu holen. Sie kletterte in die Sitzreihe und interviewte die Frau, die laut einigen Aussagen davon sehr unbegeistert aussah. Kann ich voll verstehen.

Malik Harris war ebenfalls da. Wer jetzt nicht weiß, wer das ist, Malik hat uns letztes Jahr vertreten, mit bescheidenem Erfolg. Er war da um anscheinend einen neuen Song zu promoten und tauchte auch später nochmal auf. Wie viel man ihm wohl geboten hat, um sich von der Moderatöse vollsülzen zu lassen?

Wie in jeder guten ESC-Sendung gab es ein Medley vergangener Siegersongs und bekannter Songs aus verschiedenen Ländern. Als Babsi den ersten Ton anschnitt, fürchtete ich, das würde wieder so eine Schöneberger-Show werden. Aber alle Kandidaten wurden mit einbezogen und performten Ausschnitte der bekannten Lieder in ihrem eigenen Stil. Das hat mir, trotz Babsi, doch sehr gut gefallen.

Mir ist deutlich aufgefallen, dass es gar kein Video-Reel gab, in welchem bereits gewählte Beiträge anderer Länder vorgestellt wurden. Ich bin der Meinung, sowas gab es in den letzten Jahren immer. Denn man will ja wissen, gegen welche anderen Songs Lord of the Lost antreten werden. Da hat wieder jemand geschlafen, denn ich hätte so eine Vorstellung deutlich begrüßt.

FAZIT:
Die deutschen sind natürlich wieder gemischter Gefühle über den nun erwählten Beitrag. Während einige ihn gut finden, weil er mal anders und nicht langweilig ist, gibt es natürlich wieder Stimmen, die uns ganz hinten sehen. Ich persönlich muss sagen: Auch, wenn ich Blood & Glitter nicht gevotet habe und es definitiv nicht mein Genre ist, begrüße ich, dass wir die brave Popmusik dieses Jahr in ihrer Kiste lassen und mal etwas schicken, was fetzt. Vielleicht höre ich das Lied doch mal ab und zu, im ESC-Kontext natürlich. Denn es geht beim Eurovision Song Contest immer noch nicht ums gewinnen. Das muss die deutsche Fangemeinde endlich mal rallen. Die Kandidaten des Vorentscheides scheinen dies bereits verstanden zu haben. Denn beim Sieger-Auftritt waren sie mit der Band auf der Bühne und haben mitgerockt. So muss ein Wettbewerb sein: Jeder gibt sein bestes, und am Ende wird dem Gewinner gratuliert. Das nennt sich Fairness. Und das ist wichtig.

Lasst die beiden doch mal den Vorentscheid moderieren!
Die zwei sind mir deutlich sympathischer!


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